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24.05.2022

Neuer Anspruch auf ärztliche Zweitmeinung bei Einsatz eines Herzschrittmachers oder Defibrillators

Pressemitteilung des Gemeinsamen Bundesausschusses

Der Anspruch von gesetzlich Versicherten auf eine zweite ärztliche Meinung besteht zukünftig auch vor dem planbaren Einsatz eines Herzschrittmachers oder Defibrillators. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) heute beschlossen. Ambulant oder stationär tätige Ärzt*innen können nach Inkrafttreten des Beschlusses eine Genehmigung bei den Kassenärztlichen Vereinigungen beantragen, Zweitmeinungen abgeben und gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen zu dürfen. Die sogenannten Zweitmeiner*innen prüfen auf Wunsch eines*einer Patient*in, ob der empfohlene Eingriff auch aus ihrer Sicht medizinisch wirklich notwendig ist. Zudem beraten sie die Versicherten zu möglichen Behandlungsalternativen.

Überprüfung von Behandlungsalternativen
In den Jahren 2008 bis 2018 sind die Eingriffszahlen zum Einsetzen von Herzschrittmachern und Defibrillatoren um 15 Prozent gestiegen – wobei deutliche regionale Unterschiede zu sehen sind, die sich medizinisch nicht erklären lassen. Der G-BA sieht deshalb im Anspruch auf eine ärztliche Zweitmeinung eine geeignete Möglichkeit für Patient*innen, sich über die medizinische Notwendigkeit sowie zu medikamentösen und körperlich weniger eingreifenden Behandlungsalternativen beraten zu lassen.

Einsatz von Herzschrittmachern und Defibrillatoren
Herzschrittmacher und Defibrillatoren werden bei einer Reihe von Erkrankungen des Herzens eingesetzt: beispielsweise bei Herzrhythmusstörungen und einer verminderten Herzfunktion (Herzinsuffizienz). Die in den Körper eingesetzten Geräte können u.a. den Herzrhythmus stabilisieren beziehungsweise auch Todesfälle aufgrund eines Herzstillstandes verhindern – denn es gibt Erkrankungsbilder, für die eine medikamentöse Therapie nicht (mehr) in Frage kommt.

Zweitmeinungsgebende Fachärzt*innen
Ärzt*innen, die für den Einsatz von Herzschrittmachern und Defibrillatoren als sogenannte Zweitmeiner*innen tätig sein wollen, müssen in einer der folgenden Fachrichtungen qualifiziert sein:

  • Innere Medizin und Kardiologie
  • Innere Medizin mit Schwerpunkt Kardiologie
  • Herzchirurgie
  • Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunkt Kinderkardiologie
  • Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunkt Kinder- und Jugendkardiologie

Zudem gelten die generellen Anforderungen des G-BA, die zweitmeinungsgebende Ärzt*innen hinsichtlich ihrer Qualifikation und Unabhängigkeit erfüllen müssen.

Inanspruchnahme der neuen Zweitmeinung
Sofern das Bundesministerium für Gesundheit keine rechtlichen Einwände gegen den Beschluss hat, tritt er mit Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Versicherte werden zweitmeinungsberechtigte Fachärzt*innen über die Website des ärztlichen Bereitschaftsdienstes finden: www.116117.de/zweitmeinung

Hintergrund – Zweitmeinungsverfahren bei geplanten Operationen
Gesetzlich Versicherte haben bei planbaren Operationen gemäß § 27b SGB V einen Rechtsanspruch auf eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung. Der G-BA legt in der Richtlinie zum Zweitmeinungsverfahren den genauen Leistungsumfang eines Zweitmeinungsverfahrens fest. Zudem wählt er aus, für welche Eingriffe dieser Anspruch besteht. Ein rechtlicher Zweitmeinungsanspruch besteht aktuell bei den folgenden planbaren Eingriffen:

  • Amputation beim diabetischen Fußsyndrom
  • Eingriff an Gaumen- oder Rachenmandeln
  • Eingriff an der Wirbelsäule
  • Gebärmutterentfernung
  • Gelenkspiegelungen an der Schulter
  • Implantation einer Knieendoprothese

Erst vor kurzem hatte der G-BA den Zweitmeinungsanspruch bei einer Herzkatheteruntersuchung oder einer Verödung von Herzgewebe (Ablation) beschlossen. Der entsprechende Beschluss wird in Kürze in Kraft treten.

Weitere Informationen sind auf der Website des G-BA zu finden: Zweitmeinungsverfahren bei planbaren Eingriffen

Quelle und Text: Gemeinsamer Bundesausschuss, Pressemitteilung vom 19. Mai 2022 | www.g-ba.de